Manche unserer Fälle laufen doch skurril und bei manchen Fällen fragt man sich, ob man mehr im Zivilrecht oder mehr im Strafrecht unterwegs ist. Wir konnten jetzt erfolgreich eine spannende Zivilklage zum Abschluss bringen, die zwischenzeitlich mehr einem Krimi glich. Initial ging es darum, Sachmängelhaftungsansprüche für die neuen Eigner eines auf dem deutschen Markt neu platzierten Segelboots aus dem Performance Cruiser Bereich zu vertreten. Es ging um eines der ersten Boote aus der Serie. Eine spannende und vielversprechende Konstruktion, leider in der Bauausführung haarsträubend mit nicht nur unzähligen Mängel im Finish, sondern auch in der Substanz. Sicherheitsbedenken beim Segeln durchaus begründet. Soweit ein für uns “üblicher” Fall.
Sachmängel an neu ausgelieferter Segelyacht
Der deutsche Händler hatte sich mehrere Monate Zeit gelassen, die zahlreichen Mängel zu bearbeiten und auch nach 4 – 5 Monaten war der Großteil der Mängelliste nicht abgearbeitet. So gelang das Mandat gerade noch rechtzeitig zu uns. Auf dem Weg zu einem anderen Termin nahmen wir den Umweg auf uns, besichtigten das Boot selbst, sicherten Lichtbildmaterial für die Rechtsverfolgung und verifizieren die Mängelrügen unserer Mandanten. Gut, wenn man einen unmittelbaren Eindruck von den Problemstellungen hat.
Keine Mangelbeseitigung durch den Yachthändler oder die Werft
Da die Rechtsverfolgung unserer Mandanten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz optimal verlief, erhoben wir gegenüber dem Händler nochmals formal Mängelrüge und forderten ihn zur Mangelbeseitigung unter Fristsetzung auf. Zwischenzeitlich tauchten weitere Mängel auf, ohne dass sich auf Seiten des Händlers viel rührte.
Besichtigung und Beweissicherung durch Bootsbau-Sachverständigen
Nachdem auch dort ein Anwalt tätig wurde, beauftragten unsere Mandanten auf unsere Empfehlung einen bei Gericht bekannten Sachverständigen mit einer förmlichen Validierung der Mängel. Eine gute Entscheidung, wie der weitere Prozessverlauf zeigte. Auch in der weiteren Eskalation bewegte sich beim Yachthändler nichts. Nach Einlagerung des Bootes in das Winterlager erklärten wir für die Eigner den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderten die Rückabwicklung des Kaufs. Da der Händler weiter stur blieb, erhoben wir Rückabwicklungsklage. In der Folge tauschte der Händler den Anwalt aus, sodass wir auf beiden Seiten gut miteinander bekannte Spezial-Anwälte vorfanden. Eine gute Ausgangslage, weil wenig Zeit dadurch verloren geht, dass man unsinnigen Argumentationen nachgehen muss. Tendenziell konzentrieren die Kollegen und wir uns dann auf das wirklich Entscheidende des Falls, auch wenn das gegenseitige Taktieren zuweilen kniffliger wird. Zu unserer Überraschung wurde der Produktionswerft des Bootes nicht der Streit verkündet.
Brandstiftung der Yacht mitten im Prozess
Vor dem Hintergrund der Mangelsymptomatik konnten wir eine relativ günstige Erfolgsprognose für dieses Verfahren aussprechen, bis eines Morgens ganz früh der nette und bemühte Lagerbetreiber des Winterlager unsere Mandanten darüber informierte, dass es in der Winterlagerhalle in der vorigen Nacht einen Brand gegeben hat. Da unsere Mandanten weiter weg wohnten, fuhren wir sofort an den Ort des Geschehens, besichtigten den Schadenort, sprachen mit dem Lagerbetreiber und dem Wehrführer der Feuerwehr vor Ort. Unmittelbar vor Ort konnten wir feststellen, dass das Boot unserer Mandanten offensichtlich der Brandherd gewesen ist und wenig später bestätigte ein Brandgutachten, dass es sich um eine gezielte Brandstiftung gehandelt hatte. Polizei und Staatsanwalt wurden tätig. Recht schnell konnten wir von der Hand weisen, dass unsere Mandanten mit dieser Brandstiftung nichts zu tun hatten. Letztlich konnte der Brandstifter auch nicht ermittelt werden, auch wenn sich in einer solchen Situation natürlich Gedanken aufdrängen, wer ausgerechnet in dieser Situation für dieses Boot Interesse an einer Brandstiftung haben könnte.
Veränderte rechtliche Situation
Diese Situation veränderte das Prozessgeschehen naturgemäß fundamental. Rechtlich eine seltene und komplexe Situation. Die Kaskoversicherung spielte auch zunächst auf Zeit, bevor es an eine Regulierung dachte. Die Klärung benötigt nun leider auch etwas Zeit. Die Regulierung konnte letztlich durchgesetzt werden. Daraufhin ergeben sich für die Rückabwicklungsklage völlig neue Positionen, die durchgeprüft werden mussten. Dies im Konzert mit den anwaltlichen Vertretern der Kaskoversicherung, die nun eine Übertragung des Kaufpreis-Rückzahlungsanspruches von unseren Mandanten verlangten, nachdem die Kaskoversicherung die Versicherungssumme für das Boot an unsere Mandanten ausgezahlt hatte. In einem solchen Fall sind Eigner mit so vielen für sie schwer einschätzbaren Fragen und Anforderungen konfrontiert, das es gut ist, jemanden dabei zu haben, der Struktur in die Sache bringt und möglichst schnell für Klärung sorgt. In einer langwierigen Auseinandersetzung konnten wir nach Beitritt der Versicherung in den Rechtsstreit mit dem Yachthändler herausarbeiten, dass ein Abtretungsanspruch nicht besteht. Eine für den Händler und die Werft wirtschaftlich kommode Situation. Ebenso aber für unseren Mandanten.
Beweismittel trotz Brand vorhanden
Im Ergebnis schien die weitere Führung des Rechtsstreits wenig sinnvoll, da nur hinsichtlich einzelner, dafür aber sicherlich wesentlicher Mängel auch an der Brandruine noch eine Beweisaufnahme hätte stattfinden können. Als Beweismittel stand zwar noch die umfangreiche gutachterliche Mangeldokumentation des bei Gericht bekannten Sachverständigen zur Verfügung. Diese wurde dann aber nicht mehr benötigt.
Kaufpreis von Versicherung, Schaden zum Großteil vom Händler, Vergleich erfolgreich
Im Ergebnis konnte nämlich ein vergleichsweiser Abschluss erreicht werden, dass der Yachthändler an unsere Mandantschaft zusätzlich zur Regulierungsleistung der Kaskoversicherung noch Zahlungen leistete. Nämlich für nicht von der Versicherung gedeckte Schäden unserer Mandanten. Eine mit Risiken verbundene und zeitaufwändige Beweisaufnahme wurde so verhindert. Die Rechtsschutzversicherung unserer Mandanten deckte nach ausführlichen Erörterungen mit uns die Kostenfolge des Vergleichs, die ohne Brandereignis sicherlich deutlich günstiger ausgefallen wäre.
Gutes Ergebnis
Im Ergebnis eine spannende, für unsere Mandanten leider auch sehr aufregende, aber im Ergebnis gute Erledigung dieses Rechtsfalls. Gut, dass in dieser schwierigen und ungewöhnlichen Phase permanent juristische Begleitung vorhanden war.
Neues Boot, neues Glück
Zwischenzeitliche segeln unsere Mandanten mit einem neu erworbenen Boot, das in qualitativer Hinsicht deutlich weniger Anlass zu Ärger gibt. Wir sind gespannt, ob wir sie in der neuen Saison 2022 auch mit auf der Regattabahn sehen werden.
Ansprechpartner für Mängel an neuen Yachten und Durchsetzung von Rückabwicklungsansprüchen
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Spezialist für Gewährleistung beim Yachtkauf Jochen-P. Kunze bei YACHT-RECHT.de in Wees bei Flensburg