Unser Mandant wurde zu seiner großen Überraschung nach dem Verkauf einer 35 Jahre alten Motoryacht wegen zahlreicher kleiner und größerer Mängel zivilrechtlich und strafrechtlich in die Haftung genommen. Worum ging es? Durchrostung im Kettenkasten, Lecks, Qualität von Kabelführungen und Verbindungen, Installationen im Sanitärbereich, Abplatzer im Unterwasserschiff sowie Spiel im Ruderlager.
Strafverfahren wegen Betrug beim Bootsverkauf
Während wir relativ schnell eine Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn bewirken konnten, zog sich die erstinstanzliche Aufarbeitung durch das Zivilgericht über 4 Jahre mit unzähligen Schriftsätzen. Der Wust an überwiegend unstrukturierten Schriftsätzen der anwaltlichen Vertreter des Käufers sorgte für eine ausgeprägte Unübersichtlichkeit des Prozessstoffes, die es galt zu strukturieren, trotzdem aber umfassend zu kontern.
Anfechtung oder Rücktritt, oder beides?
Der anwaltlich vertretene Käufer artikulierte sich unklar, ob er aus einem Rücktritt oder einer Arglistanfechtung vorginge. Prozessual entschied sein Anwalt sich für die Anfechtung und kam damit in erster Instanz auch durch. Dabei artikulierte sein Mandant anfangs einen Rücktritt und auch im Nachgang bezog sich der anwaltliche Vertreter auf diese Erklärung, die er aber -unsauber- als Anfechtung deklarierte. Eine Auseinandersetzung mit diesen methodischen Fehlern erfolgte in erster Instanz nicht, war in zweiter Instanz aus anderen Gründen nicht mehr erforderlich.
Krasses Fehlurteil beim Landgericht – Berufung
Wir hielten die Entscheidung des Landgerichts aus mehreren Gründen für eine krasse Fehlentscheidung und konnten unseren Mandanten von der Einlegung einer Berufung überzeugen. Unserer Mandant drohte -nachvollziehbar- vom Glauben an die deutsche Rechtsordnung abzufallen. Der Schritt zur wieder kostenauslösenden Berufung ging nur mit Vertrauen in unsere Arbeit. Wir sind froh, dass unser Mandant dieses Vertrauen hatte.
War schon die erste Instanz mit dem parallel laufenden Strafverfahren für unseren älteren Mandanten eine nervliche Tortur, mussten wir sein Nervenkostüm auch in 2. Instanz nachhaltig stützen. Die Berufung lief deutlich schneller, strapazierte das Nervenkostüm unseres Mandanten trotzdem weiter.
Vergleichsvorschlag zurückgewiesen
Nerven liegen eben manchmal so blank, dass man nicht mehr weiter will. Deswegen macht man immer wieder eine Risikoeinschätzung und denkt darüber nach, ob man den größten Schaden doch durch einen Vergleich abwenden kann und will. Das fällt schwer, immer dann besonders, wenn es -wie hier- auch um Ehrhaftigkeit und Außenwahrnehmung geht. Trotzdem machten wir einen Schritt auf die Gegenseite zu. Unser Vergleichsvorschlag wurde von der Käuferseite aber zurückgewiesen. Zu groß vielleicht die Erwartung, nach einer erfolgreichen ersten Instanz auch in der zweiten Instanz als Sieger vom Platz zu gehen.
Daraufhin musste das Oberlandesgericht entscheiden.
Berufungsurteil kippt Entscheidung des LG Oldenburg
Mit durchschlagendem Ergebnis: die Entscheidung des Landgerichts in erster Instanz wurde durch das Oberlandesgericht Oldenburg nach ausführlicher Verhandlung und erneuter Anhörung des Gerichtssachverständigen aus der ersten Instanz aufgehoben und die auf Arglistanfechtung beruhende Klage abgewiesen. Das OLG erkannte in keinem der geltend gemachten Mangelpunkte einen Ansatz für eine Arglisthaftung. Der Entscheidung sind umfassende Ausführungen zu den Grundsätzen der Arglistanfechtung zu entnehmen.
Auch einer Rückabwicklung aufgrund des initial vom Käufer selbst erklärten Rücktritts konnten wir einen Riegel vorschieben. Denn der gegnerische Anwalt versäumte in der Bearbeitung, die hierfür erforderlichen Tatbestandsmerkmale zur Wirkung zu bringen.
Das Urteil ist gesprochen. Die Revision zum BGH ist nicht zugelassen. Die Chancen, den Fall doch noch vor dem BGH zur Verhandlung zu bringen sind niedrig und typischerweise nicht von Erfolgsaussichten gekrönt.
Erfolgreiche Verteidigung gegen Arglist-Anfechtung und Rücktritt wegen Mängeln
Unser Mandant geht mit weißer Weste aus diesem Verfahren und der Käufer wird sich jetzt mit der Motoryacht zu beschäftigen haben, die er über 4 Jahre hat vor sich hingammeln lassen, weil er fest an einen Erfolg in dem Rechtstreit glaubte. Ob der Motor die Zeit ohne Pflege überstanden hat, ist eine interessante Frage, die über Wohl und Wehe der weiteren Nutzbarkeit der Yacht entscheiden wird.
Ansprechpartner bei Yachtverkauf und Arglist/ Gewährleistung
ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtschutz Jochen-P. Kunze
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