In einem Verfahren vor dem Landgericht Hannover gegen einen in der Region ansässigen Händler von Beneteau hat es jetzt eine erstinstanzliche Entscheidung gegeben.
First verkauft, Seascape geliefert
In dem Rechtsstreit ging es um eine First 24, die kurz nach Übernahme der Hauptanteile an der Seascape-Werft durch den Händler an unsere Mandantin ausgeliefert wurde. Kaufvertraglich war eine First 24 vereinbart. Geliefert wurde ein Boot, das die CE-Identifikationsnummer der Seascape-Werft aufwies. In den dem Kauf nachfolgenden Dokumentationen ging es wild hin und her, ob es sich bei dem Boot nun um eine First 24 oder eine Seascape 24 handelte.
Osmose am Neuboot
Darüber hinaus zeigte sich das 2019 gelieferte Boot mangelbehaftet und wies bereits nach kurzer Zeit nicht unerhebliche Osmoseschäden auf, deren Beseitigungsaufwand vom vorgerichtlichen Parteigutachter und einem gerichtlichen Sachverständigen übereinstimmend auf einen Betrag über 15 % des Kaufpreises bewertet wurden, ohne dass Sicherheit besteht, dass mit diesen Mangelbeseitigungsmaßnahme tatsächlich auch alle Mängel behoben wurden.
Neulieferung als Gewährleistung
Wir machten für unseren Mandanten einen Neulieferungsanspruch geltend. In diesem Zusammenhang musste das Gericht gewichten, ob dieser Neulieferungsanspruch und das damit verbundene Interesse des Käufers höher zu gewichten war, als das Interesse des Händlers, lediglich lokal begrenzte Reparaturmaßnahmen durchzuführen. Ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichts waren letztlich möglicherweise unbedachte Äußerungen des Geschäftsführers der Händlerin bei Hannover. Aufgrund dessen hat das Gericht das Interesse des Käufers als deutlich höherrangig gegenüber dem Interesse des Händlers an einer bloßen Nachbesserung bewertet. Das Gericht weist zu Recht auch darauf hin, dass ein Händler nicht darauf vertrauen könne, dass bei Gewährleistungsmaßnahmen immer die kostengünstigste Maßnahme zur Mangelbeseitigung anzuwenden sei. Denn dann würde das gesetzlich jedem Käufer zustehende Wahlrecht im Falle von Sachmängeln faktisch ausgeschlossen sein.
Wahlrecht des Bootskäufers
Der Käufer eines Bootes hat im Falle von erheblichen Sachmängeln ein Wahlrecht, ob er die sogenannte Nacherfüllung im Wege der Lieferung eines neuen Bootes oder im Wege der Mangelbeseitigung (Nachbesserung) verlangen kann. Der Händler kann die geltend gemachten Mangelhaftungsrechte zwar einerseits unter Verweis auf unverhältnismäßig hohe Kosten zurückweisen. Das Gericht führt aber aus, dass hinsichtlich der Kosten nicht nur die Kosten der für den Händler vorzunehmenden Tätigkeiten, sondern auch die Kosten zu berücksichtigen sind, die beim Käufer anfallen und die ihm der Händler zu ersetzen hat.
Unentdeckte Mängel?
Schließlich müsse sich ein Käufer nicht auf die Behebung mehrerer kleiner Mängel im Rahmen der Nachbesserung verweisen lassen, vor allem wenn er mit dem Vorhandensein weiterer, noch unentdeckter Mängel rechnen muss.
Im Ergebnis wurde der Händler zur Rücknahme des gelieferten Bootes im Austausch mit einem Neuboot verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az. 11 O 102/21, Urteil vom 6.03.2024)
Ansprechpartner für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bei dem Kauf von Segelbooten oder Segelyachten ist Rechtsanwalt Jochen-P. Kunze